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Nun gibt es natürlich mehrere Lokomotiven mit einer identischen oder ähnlichen Radsatzfolge. Diese unterscheidet das deutsche System durch Hunderter oder Tausender Nummerngruppen. Bleiben wir bei der Baureihe 01. Bis zum Jahr 1938 wurden die Lokomotiven 01 001 bis 01 232 gebaut, daher wäre theoretisch für die geplante Stromlinienlokomotive die nächste frei Nummerngruppe ab 01 301 gewesen, doch man wollte höher hinaus und bezeichnete sie als 01 1001 und folgende. Die Deutsche Reichsbahn in der DDR plante in den fünfziger Jahren auch eine völlig neue Baureihe 01, die dann 01 2001 heissen sollte. Da dieses aus verschiedenen Gründen nicht realisiert werden konnte, wurden nur 35 Lokomotiven der alten 01 rekonstruiert (also mit neuen Hauptbauteilen versehen, wie neue Kessel, neue Zylinder etc.) und dann als 01 501 und folgende bezeichnet. Das heisst mit anderen Worten, die Vergabe der Hunderternummern erfolgte nicht immer logisch, eher willkürlich.
Nun kamen die Erfinder dieses Baureihenschemas auf eine weitere findige Lösung. Die Lokomotiven 01 001 bis 232 (später bis 241) wurden als 01.0-2 bezeichnet, oder als 01 hoch 0-2 also 010-2, vereinfacht auch 01 hoch 0 oder 010. Die Reichsbahn-Reko-Loks demzufolge als 01.5 oder 015. Die Stromlinienlokomotiven als 0110 oder 01.10. Der Punkt wurde gewählt, weil seinerzeit mit Schreibmaschinen die Hochzahlen nicht so leicht zu realisieren waren, besonders, wenn einzeilig geschrieben wurde. Diese Baureihenbezeichnung aber enthält noch mehr Informationen für Eingeweihte. So sind die geraden Anfangsziffern (dazu zählt auch die Null) Einheitslokomotiven, die ungeraden Länderbahnlokomotiven. Doch dieses System wurde durchbrochen, da es nicht genügend freie Baureihennummern gab oder derjenige, der die Baureihe festlegte, geschlafen hatte (z.B. Baureihe 71 Neu, obwohl 63 oder 69 noch frei gewesen wäre).
Die Schnellzuglokomotiven (Gattung S) haben die Bezeichnungen 01 bis 19 erhalten, davon waren die 01 bis 10 Einheitslokomotiven und ab 11 bzw. 12 bis 19 Länderbahnlokomotiven. Die Personenzuglokomotiven (Gattung P) wurden die Einheitslokomotiven zu 22 bis 25, die Länderbahnlokomotiven zu 33 bis 39. Wobei hier die 22 die rekonstruierten 39er waren. Die Güterzuglokomotiven (Gattung G) wurden zu 41 bis 59, Länderbahnlokomotiven zu 52 bis 59, Einheitslokomotiven abweichend von 41 bis 52 (obwohl genug Nummern frei gewesen wären). Mit der Baureihe 60 fangen die Tenderlokomotiven an. Das heisst, diese Lokomotiven haben keinen eigenen Tender (Kohlewagen), sondern führen die Vorräte auf der Lokomotive in seitlichen oder hinteren Kohle- und Wasserbehältern mit. Personenzug- und Schnellzugtenderlokomotiven (Gattung Pt und St) sind die 60 bis 79, davon 71 bis 79 Länderbahn (mit Ausnahme der 71.0, die zum zweiten Mal belegt wurde), Güterzugtenderlokomotiven (Gattung Gt) sind die 80 bis 96, davon 88-96 Länderbahn (mit Ausnahme der 89.0, die zum zweiten Mal belegt wurde).
Die Baureihe 97 fasst alle Zahnradlokomotiven (Gattung Z) zusammen, die Baureihe 98 alle Lokalbahn- oder Secundärbahn-Lokomotiven (Gattung L) und schliesslich ist die Baureihe 99 das Sammelsurium für Schmalspurlokomotiven (Gattung K - weil S ja schon belegt war - was wiederum Kleinspur bedeutete!). Während bei fast allen Baureihen, auch Länderbahnen (das waren die 1920 bereits vorhandenen Bauarten) Hundertergruppen zur Unterscheidung dienen, mussten bei den Kleinspur- respektive Schmalspurlokomotiven Zehnergruppen gewählt werden, daher zählt die 99 5901 zur Baureihe 99590 oder 99.590.
Die Gattungsbezeichnung
Früher (und heute bei einigen Lokomotiven) ist ein Gattungszeichen angebracht worden, was wiederum auf die Gattung (siehe vor) zurückgeht, aber weitere ergänzende Angaben bringt. So hat die 01 das Gattungszeichen S36.20. S bedeutet Schnellzuglokomotive, die 36 bedeutet 3 angetriebene Radsätze, die 6 dann die Gesamtzahl der Radsätze (also abgeleitet aus der Radsatzfolge), die 20 die Radsatzlast (früher Achsdruck, in der DDR- Literatur fälschlich als Achsfahrmasse bezeichnet [ ein “idiotischer” Begriff (!) - kann die Achse fahren und eine Masse bilden? - Aber wir wollen doch nur wissen, welche Belastung oder Last oder Masse die Achse oder der Radsatz auf die Schiene bringt, also auch im Stillstand, nichts mit fahren, das wäre eine dynamische Kraft, die in Newton zu messen wäre]). Also die Radsatzlast oder der bisherige Achsdruck wird in Tonnen gemessen. Er stellt den höchsten Wert dar, den irgendein Radsatz aufbringt. Da gibt es auch Toleranz-Bereiche, aber die interessieren uns zur Zeit nicht. Also bedeutet die 20 bei S36.20 dann 20 Tonnen Radsatzlast. Dieses war früher wichtig, da viele Strecken nur für 15 oder 17 Tonnen zugelassen waren, und so konnte jeder gleich ohne Umzurechnen an der Lok ablesen, welche Radsatzlast die Lok hat.
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